von Matthias Walther

Diese Seite entführt in eine Welt der Optionen und Alternativen des Lokomotivbaus – ein Paralleluniversum der Ideen. Mit den hier gezeigten Arbeiten erwecke ich Fahrzeuge zum Leben, die sonst in den Schubladen und Planschränken von Lokomotivherstellern und Bahnverwaltungen dem Vergessen anheimgefallen wären.

Der Großteil meiner Entwürfe basiert auf real geplanten Lokomotiven. Obwohl physisch nicht vorhanden, sind Entwürfe und Pläne zu Zügen als geistiges Schaffen Bestandteil der Technik- und Designgeschichte. Während die historische, reale Entwicklung planerisch oft auf einen Höhepunkt zusteuerte, wurde deren Umsetzung nicht selten durch politische und geschichtliche Ereignisse unterbrochen.

Häufig waren die alternativen Vorstudien gewagter, technisch innovativer oder einfach ästhetisch überzeugender, als die tatsächlich umgesetzten Fahrzeuge. Ganz in diesem Sinne werden nun Technik, Form und Farbe zu Anregungen freier künstlerischer Arbeit – das gedankliche Spiel der Planer wird fortgesetzt. Die Arbeit steht immer in einem Dialog mit der Geschichte, womit keine willkürlichen Phantasielokomotiven entstehen. Von der ersten Studie bis zu meiner Ansicht ist es ein langer Weg des Variierens und Verbesserns, ohne dass sich technische oder politische Hindernisse quer stellen. Wichtig ist immer auch, was zwischen den Bildern passiert. Der Betrachter soll somit ebenso angeregt werden, wie der Künstler selbst.

 

Arbeitsweise

Akribische Vorarbeit und einschlägige Forschung sind Ausgangspunkt jeder hier gezeigten Studie. Mir interessant erscheinende Entwürfe, zumeist aus Archiven und seltenen Veröffentlichungen waren Grundlage für die naturgetreue Imagination. Vorerst wurden schematische Studien als detaillierte Seitenansichten in zeichnerischer Art plastischer modelliert und verfeinert. Dies ist Anregung für die weitere Umsetzung als farbgraphische Darstellung. Entscheidend ist die durch Form und Gestalt erweckte Erwartung, die weit mehr transportiert als rein technische Daten. Es heißt zwar „Form Follows Function“ – aber oft ist es interessanter, sich zu überlegen, welche Funktion sich aus einer faszinierenden Form ergeben würde.

Maßskizze eines Entwurfs zu einer bayerischen Turbinendampflok von Maffei von 1929.
Diese bereits überarbeitete Seitenansicht diente als Ausgangspunkt perspektivisch farblicher Darstellung in folgender, zweiter Ansicht.

Philosophie

Maßgebend für mich ist immer die technisch-ästhetische Gestalt, der besondere Charakter der Lokomotiven in Form und Farbe. Die Vielfalt an unterschiedlichen Ideen und Bauphilosophien, aber auch spezifische Gestaltungskriterien waren früher eine regionale und nationale Angelegenheit. Lokomotiven aus Bayern sahen anders aus als Lokomotiven aus Preußen oder England, Lokomotiven aus Württemberg unterschieden sich signifikant von jenen der französischen Ostbahn.

Diese originellen Unterschiede werden hier eigenständig fortgesetzt.

Künstlerische Differenzierungen bilden auch ein Gegensatz zur heutigen gestalterischen Praxis zu immer ähnlicheren Zügen in Europa und einer grundsätzlich pragmatischen Standardisierung des Eisenbahnfuhrparks weltweit.

Ein besonderer Anreiz findet sich im letzten Kapitel: New Steam Generation, eine Möglichkeit zur Neubelebung individueller Dampfloks, die mit technischen Innovationen aufwarten und ein bereits abgeschlossen geglaubtes Kapitel neu interpretieren.

Alle Arbeiten sind zwischen 2016 und 2024 entstanden und werden fortlaufend ergänzt.

–Matthias Walther