von Matthias Walther

Deutsche Bundesbahn

Die Entwicklungen der westdeutschen Bundesbahn waren von frühen Erwägungen zum völligen Traktionswechsel geprägt aber ebenso von der konsequenten Weiterentwicklung der klassischen Kolbendampflok. So seien vorerst einige Ergänzungen zum DB Neubauprogramm von Dampfloks aufgezeigt, anschließend aber auch Studien zu Elektro- und Dieselfahrzeugen oder interessante Ideen zu Prototypen, die tatsächlich aber anders ausgeführt wurden.

Originelle Ideen für die letzten westdeutschen Dampfloks

Das Projekt variiert die tatsächlich bei Krauss-Maffei nach dem Krieg instand gesetzte Reichsbahnloktype 05. Als Konstrukteur fungierte wieder der ursprüngliche Urheber Adolf Wolff, der nach dem Krieg von Borsig nach München wechselte. Wie die streng im frühen Stil der DB 01.10 umgesetzte Neugestaltung der ehemaligen Stromlinienlok mit bayerischen Zutaten ausgesehen hätte, zeigt die Ansicht des Verfassers: abgeschrägte Witte-Windleitbleche, Kegelförmige Rauchkammer, schmale Seitenschürze sowie Windschneide am Führerhaus. Recht ähnlich Pläne gab es in den frühen Stadien der 05 Entwicklung ab 1933, als noch nicht feststand, wie weit eine Verkleidung angebracht werden sollte. Das Stahlblau entspricht dem F-Zug Farben der DB-03.

Interessante Vorentwürfe zur Baureihe 10 zeugen von der Vielfalt technischer sowie gestalterischer Kraftaufwendung für die letzte große deutsche Prestigedampflok von 1957. Die an einem Entwurfswettbewerb beteiligten Fabriken wendeten technisch wie im Design teils moderne, aber auch traditionelle Reminiszenzen ihrer früheren Produkte an. So erbrachte die Maschinenfabrik Esslingen den Vorschlag dieser h4v Pazifik in gestalterischer Anlehnung an die berühmte württembergische Reihe C, Krauss Maffei wiederum bediente sich neuartiger amerikanischer Einflüsse im schicken rot ebenso als h4v Konstruktion. Gebaut wurde die Baureihe 10 dann bei Krupp in Anlehnung süddeutscher Länderbahnpazifiks.

Ein früher Entwurf von Krupp zur Baureihe 10 war für mich Anlass daraus eine Mountain als 2`D 1`zu entwickeln, einen Vierkuppler, den die deutschen Staatsbahnen so dringend benötigt hätten. Als Farbe dient ein elegantes stählernes Chromoxydgrün. Bemerkenswert ist die durchgehende Kesseldomverkleidung.

Als weiteren Höhepunkt und Abschluss großer, vierfach gekuppelter Schnellzugloks ist von mir dieser fiktive Krauss-Maffei Plan zu einer Reihe 12 als 2`D 2`h3v mit Saugzuganlage, geschweißtem Verbrennungskammerkessel und Rollenlagerung gezeigt. Das Erscheinungsbild mit Pseudostromlinie nimmt 1953 bereits viel der Baureihe 10 vorweg. Die Größe der Treibräder ist 2000mm, die Leistung beträgt geschätzte 4800 psi. Eine technisch verwandte Güterzuglok wird als 1`E 2`h3v gegenübergestellt, eine neue Baureihe 48. Hierzu gab es tatsächlich ähnliche Pläne um 1947 von Adolf Wolff.

Als pragmatische Allzweckwaffe diente der DB Entwurf zu einer Reihe 20 mit Dreizylindertriebwerk und Verbrennungskammerkessel sowie führendem Krauss-Helmholtz-Gestell. Die Ähnlichkeit zur kleineren kompakten 23 ist auffällig. Diese Lok war als Ersatz der zu schwachen, älteren 01/03 sowie der Baureihe 39 gedacht. Mit einem Treibraddurchmesser von 1850mm eine echte Mikado Schnellzuglok.

Als reine Utopie möglicher Gestaltung einer Stromlinienlok dient diese Studie zu einer erneuerten DR-Baureihe 19.10. Die 1941 gebaute Maschine gelangte tatsächlich in die USA und wurde jedoch dort bald verschrottet. Hätte sich die DB der Lok angenommen, hätte sie womöglich auch als Nachbau den späten Schnellzugverkehr noch revolutionieren können.

Ebenso utopisch mutet uns sicher diese Ansicht nach einem Entwurf des Designer Colani von 1978 an, gedacht als gestalterische Idealplanung einer modernen Superdampflok auf dem Messestand von Thyssen-Henschel. Man beachte die schräggestellten Räder, das Frontcockpit sowie die vorweg genommene ICE Lackierung der achtziger Jahre.

Diese Dampfmotorentenderlok, wie sie von Henschel um 1951 erwogen wurde ist als Version der Lübeck-Büchener Eisenbahn aufgeführt. Angehängt sind die bekannten Doppelstockwagen dieser Gesellschaft, die noch in den vierziger Jahren tatsächlich mit Dampfmotorentenderloks und Stromlinienformen experimentierte. Diese Ideen werden von mir konsequent weitergedacht mit diesem Henschel Entwurf einer (C)` D` mit Turboantrieb über Gelenkwellen auf Drehgestelle.

Eine solche Schnellzugtenderlok fehlte der frühen Bundesbahn! Technisch dem Entwurf einer Henschel-Lok für die Reichsbahn entlehnt, ging ich gestalterisch den folgerichtigen Weg in Anlehnung an die Pazifik Baureihe 10. Treibräder 2 Meter Durchmesser, geeignet als Kurzstreckentenderlok für Geschwindigkeiten von 140 km/h Zügen.

Entwurf zu einer fiktiven Reihe 68 als 2`D 2`h2t.

Die beiden bekannten Tenderloks der Baureihen 65 und 66 werden hier deutlichen Verwandlungen unterzogen. So entsteht aus der 1`D 2`h2t Reihe 65 eine besser proportionierte 2`D 2`h3t mit Außenantrieb auf der zweiten Kuppelachse. Als Reihe 66 fungiert eine direkt aus der Schlepptendertype 23 (1`C 1`h2) abgeleitete 1`C 2`h2 Maschine, die mit 1750mm Rädern und 120km/h Geschwindigkeit als Ersatz für die alten Typen 78 und 38 weit besser geeignet gewesen wäre als die realisierte kleinere 66er gleicher Achsfolge von Henschel.

Nierentischdesign unter Fahrdraht

Große Aufmerksamkeit widmete die junge Bundesbahn der Elektrifizierung wichtiger Hauptstrecken ab 1950. Als Nachfolge älterer Reichsbahnlokomotiven zog man eine modische Weiterentwicklung altbekannter Typen wie der E 44 oder der E 94 in Betrachtung. Als Mehrzwecklok wurde die blaue E 46 mit den rundlichen Hauben erwogen, ein Entwurf der österreichischen Siemens-Schuckert Werke lehnte ihren Entwurf an die E 94 an, allerdings ohne Gelenkbauweise der Vorbauten.

Diese Lok gehört natürlich in die Schweiz, handelt es sich doch um das legendäre Krokodil Ce 6/8. Fiktiv übernahm die junge Bundesbahn einige Loks als Starthilfe eines Marschallplans und kleidete sie in neue Hüllen. Wie eine modernisierte Krokodillok also ausgesehen hätte zeigt diese Zeichnung, geschmacklich sei jedoch dem Betrachter überlassen, ob er doch das Original bevorzugt.

Wieder absolut einer echten Planung entlehnt ist diese Mehrsystemlok von Henschel, die um 1957 für den TEE Verkehr erwogen wurde. Die Darstellung zeigt die modisch gestaltete Maschine in den Farben des damaligen Rheingoldzuges. Der andere Entwurf einer Henschel Doppellok ist wiederum für den TEE verkehr vorgesehen und vom Design deutlich dem eben erschienenen TEE VT 11.5 angelehnt.

Zwei Entwürfe, die nicht unterschiedlicher sein könnten, aber für dieselbe Lok bestimmt waren: Der neuen elektrischen Paradelok E 03, die dann in ganz anderem, zeitlos schönem Design 1965 erschien und bis heute zur DB-Kultlokomotive avancierte. Der erste Entwurf ist bauchig und typisch für die frühen sechziger Jahre anzusehen, der Entwurf der blauen Maschine nimmt die Gestalt einiger österreichischer Elloks vorweg und würde in seiner Strenge auch hervorragend als Karosserie der Güterzuglok E 50 stehen, die in Wirklichkeit jedoch nur der Baureihe E 10/E 40 entlehnt war.

Wie bei den Dampfloks bereits gezeigt soll ein exzentrischer Entwurf von Colani des Thyssen-Henschel Messestandes von 1978 auch bei Elloks nicht fehlen. Der Plan war als Alternative für die eben geplante Baureihe 120 gedacht, die Colani wohl reichlich zu eckig ausfiel.

Unbekannte Designs von Dieselloks

Als Auftakt der Dieselfraktion der frühen DB nimmt sich der Verfasser die Freiheit dem weltberühmten Modellbahnhersteller Märklin und seinem SVT 800 zu folgen. Wie sich dieser frei erfundene Triebzug nach amerikanischen Vorbildern als DB Zug und Urahn des VT 11.5 im Rheinland gemacht hätte zeigt die Modellcollage.

Konkret zurück zu echten Plänen wird der Betrachter nun mit Vorentwürfen zu bekannten Lokomotiven konfrontiert. Den Auftakt macht der frühe Plan zu einer V 200 von Krauss-Maffei, der sich sehr deutlich an der V 80 orientiert, aber kaum die Eleganz der späteren V 200 erreichen kann.

Die Ansicht zeigt eine V 200 in ungewohntem Outfit: Sie ist mit veränderten Details ganz den TEE Wagenzügen ab 1958 angepasst mit schwungvollem rot-cremefarbenem Farbdesign.

Großes Interesse wurde der größten und stärksten Diesellok der DB gewidmet, der V 320, die auch von der Bahnindustrie aus Gründen des Exportinteresses eine besondere Karosserie erhalten sollte. Erste Entwürfe bis 1958 erwogen eine rundliche barocke Form mit langer und mal kurzer Schnauze. Der zweite Plan ist einem Henschel Modell entnommen, das später in der kleineren V 160 von Krupp Widerhall fand.

Weitaus exzentrischer fielen die Entwürfe ab 1960 aus: mit stark geschrägten Fronten könnte der erste Plan vom Designer des späteren ICE stammen, der zweite Entwurf zeigt eine allein farblich außergewöhnliche Studie, die um jeden Preis auffällig sein sollte. Einzig der verwirklichte, zeitlos geschmackvolle Entwurf der V 320 von Klaus Flesche hatte Erfolg.

Von der MaK in Kiel wurde auf Basis eines Entwurfs für Bulgarien eine 3000 PS starke Großdiesellok gebaut, die mit ihrer markanten Knicknase und den Bullaugenfenstern auch bei der DB eine Bereicherung des Lokparks bewirkt, hätte. So ist sie hier in rot/schwarz als V 310 unterwegs.

Der obere Entwurf stellt eine Idee Kurt Wilferts von Mercedes Benz für die V 160 Lollo dar. Auffallend ist die weichere und dynamischere Linienführung mit stärker nach hinten geneigter Frontscheibe. Zum zweiten Bild: Einem spontanen Fund in einem Designbuch über die Hochschule für Design in Ulm wurde dieser Entwurf entlehnt, der auffällig dem 1965 gestarteten Projekt der MaK ähnelt, eine Alternative zur später eingeführten Baureihe 218 als Bautype G 2500 BB anzubieten. Tatsächlich wurde eine MaK Großdiesellok ähnlicher Leistung mit offenen seitlichen Umgängen als G 2000 BB 1999 neu entwickelt. Meine Lok trägt das ansprechende Farbschema des Olympiazuges ET 420.

Da die V 320 leider nie in Serie gebaut wurde, es der Bundesbahn somit auch 1970 noch an einer starken Großdiesellok mangelte, ging die Planung weiter mit dem Entwurf einer dieselelektrischen Lok von Thyssen-Henschel, der die Form der Drehstromdiesellok DE 2500 vorwegnimmt. Der Verfasser gestaltete daraus auch den Plan einer der E 03 entlehnten Superpowerlok für den IC Verkehr und über 5200 PS Leistung. Baureihenbezeichnung Type 205.

Eine pragmatische, aber sinnvollere Lösung böte die Übernahme, der von Henschel für China produzierten DHG 5200, die wiederum zeitgleich mit der V 320 entwickelt wurde. Das Aussehen als DB Lok mit Computernummer und dem neuen Farbschema türkis/beige um 1970 zeigt, was sich die DB letztendlich nie leistete: eine schwere sechsachsige Seriengroßdiesellok.

Düsenschnelle Züge mit und ohne Turbine

Besonderen Raum nehmen einige Projekte zu Turbinenschnellzügen um 1970 ein, von denen es sogar große Modelle der Henschel und Krauss-Maffei Versionen gibt, aber hochinteressante MaK Pläne aus Kiel weitgehend unbekannt blieben. Zwei Farbvariationen eines langnasigen Projektes sollen hier gezeigt werden, beide in der damals aktuellen IC Lackierung in orange/schwarz/weiß.

Ein anderer Entwurf der MaK wirkt ebenso dynamisch, nicht zuletzt durch die Panoramascheiben. Der markante IC Schriftpfeil ist wie die Lackierung eine Erfindung des Verfassers.

Durch die Presse weitaus bekannter wurden die Vorschläge von Henschel und Krauss-Maffei für den Turbinenzug der Zukunft. Hier eine dynamische Version des Henschel Designs. Alle Planungen zu Turbinenzügen fielen jedoch der Ölkrise zum Opfer. Und gleichzeitig schritt die Elektrifizierung immer schneller voran.

Der Entwurf mit der Flugzeugnase entstammt der frühen Planungsphase zum 403 von 1971, ebenfalls einem elektrischen Zug. Der japanische Shinkansen lässt grüßen!

Vorstudien zum HGV Hochgeschwindigkeitszug, auf dem Weg zu „Tempo 200“, die im ICE Projekt der Achtziger Jahre mündeten, begannen ab 1975 im Bundesbahnzentralamt in München. Hier ging man bereits zu elektrischer Traktion über, auch weil elektrische Traktion preiswerter wurde und so auch die unerwünschten Nebenwirkungen lauter Turbinen vermieden wurden.

Diese beiden sehr verschiedenen Studien entstammen einem fruchtbaren Gedankenaustausch meinerseits mit einem anderen Eisenbahnfreund. Letzterer Entwurf lehnt sich deutlich dem ET 403 an. Auffällig ist das exzentrische dynamische Farbdesign.

Als in Deutschland der spanische TALGO eingeführt wurde, fehlten laut Erachtens des Verfassers immer die geeigneten Triebköpfe. Dass ein besonderer Zug auch ein besonderes Frontdesign verlangt, kann man dem eigenwilligen Formen des Entwurfs gut entnehmen. Jeweils ein Dieselmotor von 1800 PS pro Triebkopf reicht für den leichten TALGO und Geschwindigkeiten bis 180 km/h voll aus. Leider wurden diese Züge von unpassenden Elloks mit weit größerem Lichtraumprofil gezogen.

Schwere Geburt: Oder der lange Weg zum ICE

Mit der endgültigen Einführung des ICE I bis III wurden durchaus charaktervolle Kopfformen ausgeprägt, vor allem der spätere Neumeister Entwurf war stilprägend. Diese Studie von Thyssen-Henschel entstand etwa 1977 und stellt bereits den anvisierten späteren ICE dar. Das elegante Design in Silber und rot ist meinem Bestreben entsprungen, so einen Zug attraktiv modern und gediegen zeitlos zugleich erscheinen zu lassen.

Alexander Neumeister gestaltete ab 1995 den ICE 3 etwa zeitgleich mit dem exzentrischen Shinkansen Baureihe 500. Was man aus dem Shinkansen Design für ein Super-ICE hätte entwickeln können zeigt meine Darstellung wieder in gediegenem Silber-rot. Das Design ist nun deutlich dem ICE angepasst, aber dennoch sehr viel mutiger als der schöne ICE 3 wirklich umgesetzt werden konnte.

Ein besonderes Anliegen der DB war die idealistische Entwicklung eines konzeptuellen ICE 21 für die Zukunft des nächsten Jahrtausends. Der ausgeformte Bug mit der erhöhten Linie erinnerte mich an das Aussehen des TEE VT 11.5 Daher setzte ich die Führerkanzel über die Profillinie des Wagenkastens, was sehr imposant wirkt.

Wie eine ICE Nachfolgegeneration der Deutschen Bahn ab 2010 oder ein Gegenprojekt eines privaten Anbieters aussehen könnte, zeigt dieser dem Flugzeugdesign entstammende Plan meinerseits, wobei es mich reizte in eckigeren Formen zu denken.

Gegenüberstellungen

Gegenüberstellung von Entwürfen zur Baureihe 10 von Krauss-Maffei und MF Esslingen

Gegenüberstellung von Entwürfen einer 2`D 2`h3v von KM und einer 2`D 1`h3 von Krupp

Gegenüberstellung von Entwürfen einer 2`D 2`h3v von KM und einer 1`E 2`h3v Güterzuglok.

Entwurf einer Schnellzugtenderlok Baureihe 67 als 2´C 2`h3t mit 2,0 Meter Rädern

Henschel TEE Elektroloks Pläne um 1958

Henschel Elektrolok Doppellok für den TEE 1957

Gegenüberstellung von Design-Varianten zur Planung der V 320