von Matthias Walther

Die Mangelwirtschaft der frühen DDR-Jahre ermöglichte kaum Investitionen zu großen Neubaudampfloks, Elloks oder neuen Großdieselloks. Jedoch wurde all dies zumindest in Projekten intensiv erdacht. Eine 2`C 2`h3 sollte als Weiterentwicklung der 01 dienen. Eine Co`Co` Großdiesellok von 1955 hatte leider ebenso wenig eine Chance zum Serienbau, aber weil man aus der Not eine Tugend machte wurden viele Reichsbahndampfloks einer sogenannten Rekonstruktion unterzogen, was manchmal fast einem Neubau gleichkam.

Zu Beginn der fünfziger Jahre plante die DDR zum ersten deutschen Bauern- und Arbeiterstaat zu avancieren. Das frühe Konzept ging von einer starken Wirtschaft und folglich auch Neubaulokomotiven aus. Ein interessanter Plan entstand um 1952 zu einer mächtigen 2`C 2`h4v Lok als echte Nachfolge der Pazifikreihe 01. Tatsächlich wurden Personenzugtenderloks neu entwickelt, ein ambitioniertes Neubauprogramm wie es die DB im Westen aufstellte wurde jedoch bald aufgegeben.

Wie diese Hudson 2`C 2` in späterem Design der 01er der DDR ausgesehen hätte soll diese Phantasiestudie darstellen. Durch weitere Leistungssteigerung wäre wohl der stärkste deutsche Dreikuppler entstanden. Nicht weniger faszinierend als die umgebauten Reko-01er, wäre die korrekte Bezeichnung dieser Baureihe laut Achsfolge 05.10 gewesen.

Not macht erfinderisch: Aus Mangel an schnellen Lokomotiven speziell für Testungen der exportorientierten DDR-Wagenproduzenten entstanden die sagenhaft schönen Pazifik Umbauloks 18 201 sowie die 18 314 unter der Regie von Max Baumberg. Diese Maschinen waren für bis zu 180 km/h zugelassen. Weniger bekannt wurde das ehrgeizige Projekt dieses gleichen Konstrukteurs Baumberg für eine 2`D 1`Mountain, die er aus Teilen der berühmten sächsischen XXHV, einer 1919 gebauten 1`D 1`h4v Type 1959/60 entwickeln wollte. Das Aussehen mit einer der 18 201 ähnlichen Teilverkleidung möchte ich in meiner Darstellung zeigen. Wie elegant diese wunderschöne verspätete Mountain insbesondere auch in der geplanten unverkleideten Normalform ausgesehen hätte zeigt die zweite Abbildung im Umfeld eines BWs.

Als reine Phantasiestudien werden einerseits eine rekonstruierte 06 nach Max Baumberg in ihren beinahe amerikanischen Dimensionen aufgezeigt, als zweite interessante Idee in Abbildung 06 fungiert eine in Form der DR 01.10 gestaltete Skoda Lokomotive der CSD Baureihe 498.1, deren kleinere Schwester Reihe 475 sogar für den DDR-Import tatsächlich in Betracht gezogen wurde. Nicht unerwähnt bleiben soll ein bis zu Baureife gediehenes echtes DDR-Projekt einer 2`D 1`h3 Schnellzuglok und einer 1`E 1`h3 Güterzuglok von 1956.

Zuletzt darf auch ein bekannter Klassiker in dieser Betrachtung nicht fehlen. Höhepunkt von Baumbergs Schaffen war die aus der Tenderlok 61 002 entwickelte Einzelgängerin 18 201, die mit 180 km/h schnellste zugelassene Dampflok weltweit. Das ursprüngliche Flaschengrün mit abgeänderten Zierstreifen sowie weißen Radreifen steigert die noble Eleganz. In folgender Abbildung wird eine imposante Tenderlok als modifizierte Neubau 65er im Stil Baumbergs dargestellt, eine mögliche Baureihe 65.10 mit durchgehenden Wasserkästen und Dampfdomverkleidung. In Ihrer grünen Lackierung erinnert sie kaum mehr an das pragmatische Arbeitstier der DR 65er von 1954.

Auch auf dem Gebiet schneller Elloks war man aktiv: Als Ableitung einer von Borsig-Hennigsdorf gelieferten Type für die polnische PKP hatte auch die DDR eine flotte Bo`Bo` Lok in Auftrag gegeben. In Erscheinung der frühen Polen Loks wäre dies ein elegantes Gegenstück zur DB Baureihe E 10. Obligatorisch war der Sowjetstern auf der Front der DDR Ellok jedoch nur für die Tschechoslowakischen Staatsbahnen. Als E 11 kam später eine kantigere Ellok tatsächlich zur DR.

Besondere Aufmerksamkeit widmete die frühe DDR-Industrie auch auf eine große Universaldiesellok als V 270. Zweimotorig und mit elektrischer Kraftübertragung konstruiert ein echtes Kraftpaket. Durch Kupfermangel und dem schwierigen Import der angedachten Maybach Motoren aus Westdeutschland scheiterte das Projekt 1956. Man entwickelte fast zeitgleich die leichtere V 180 bei LKM Babelsberg, die endlich ab 1960 in Serie gebaut wurde.

Gegenüberstellung von Varianten der Reihe 19 von Max Baumberg.

Gegenüberstellung von Varianten der Reihe 498.1 der CKD mit Gestaltung der DR 01.5.